The beginning of the system of lies (J'ai le mouvement qui déplace les lignes)
„Une séconde d’éternité“ , Michalis Pichler 2009, Marcel Broodthaers 1972

The beginning of the system of lies (J'ai le mouvement qui déplace les lignes)
Exposition littéraire autour de Stirner et Baudelaire
01.03.2012 – 25.03.2012

Michalis Pichler

(deutsche Version unten)

The beginning of the system of lies (J'ai le mouvement qui déplace les lignes)
Exposition littéraire autour de Stirner et Baudelaire

03/01/2012 – 03/25/2012

„It appears to me, that the signature of the author, be it an artist, cineast or poet, is the beginning of the system of lies, that all artists try to establish to defend themselves, I do not know exactly against what.“ Marcel Broodthaers

The web of lies around the signature of the artist starts out in the streets of the fourth district. Posters spread like satellites on crucial street corners (Wiedner Hauptstrasse, Schleifmühlgasse, Kettenbrückengasse, Naschmarkt…). This web of references is typical for all of Pichlers work. The signature is the questionable “sign” (Markenzeichen) of the individual. The artist’s signature even has a direct relation the a material value. Somehow similar to the trade markes of clothes, cars and jewellery who dominate the public space.

This is the virulent starting point for Pichler’s ironic play with signature and authorship, its blurring and erasing. The film „Une séconde d’éternité“ is reduced from 24 to 18 frames per second by transferring it from 35 mm film to Super-8. The original piece by the Belgian concept artist Marcel Broodthaers shows his initials. M.B. The 18th frame finishest he line only for M.P. Leaving out a line changes the authorship. Much like the piece after Richter, that originally was signed “ichter”. Without the t–line the signature says “ichler”, like in “Pichler”.

Also the publication after Max Stirner „Der Einzige und sein Eigentum“ refers to an already existing work. Typesetting, pagination, cover follow the original Reclam-edition but the text nearly disappeared. What is left is the pronoun “I” and it’s grammatical deriving forms. Pichler often starts out from a detail or a quotation, in order to turn a work 180 degrees or upside down, or in some cases, to make the message clearer: Stirners book is the bible of egoism in the capitalist age after all.

Another historical reference for the exhibition is Beaudelaire’s poem  „La Beauté“ from the „Fleurs du mal“, which Broodthaers picked already up in the above mentioned film and an artist book, also present in the exhibition.

Translation: Victoria Dejaco

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„Es kommt mir so vor, daß die Signatur des Autors, sei er nun Künstler, Cineast oder Dichter, der Anfang des Systems von Lügen zu sein scheint, das alle Dichter, alle Künstler einzurichten versuchen, um sich zu verteidigen, ich weiß nicht genau gegen was.“ Marcel Broodthaers
 
Das Gespinst von Lügen rund um die Signatur des Künstlers beginnt in den Straßen des vierten Bezirks. Poster kleben an virulenten Punkten in mehreren Straßen (Wiedner Hauptstraße, Schleifmühlgasse, Kettenbrückengasse, Naschmarkt…) und funktionieren wie Satelliten der Ausstellung. Ein Referenznetz wie es für Pichlers Werk charakteristisch ist. Die Signatur ist das fragwürdige Markenzeichen des Individuums. Bei einem Künstler steht die Unterschrift sogar in direktem Zusammenhang mit einem materiellen Wert. Ähnlich wie die Marken von Kleidung, Autos und Schmuck, die den öffentlichen Raum so dominieren?
 
Dies ist Ausgangspunkt für Pichlers ironisches Spiel mit Signatur und Autorschaft, deren Verwischung und Auslöschung. Im Film „Une séconde d’éternité“ wird durch den Transfer von einem 35 mm Film in ein Super-8 Format der Film von 24 Bildern in der Sekunde auf 18 reduziert. Das Original zeigt die Initialen des belgischen Konzeptkünstlers Marcel Broodthaers. M.B. Das 18. Bild zeigt nur M.P. Das Weglassen einer Linie ändert die Autorschaft. Ähnlich wie bei Richters Blattecke, vormals „ichter“ signiert, wird sie hier aber faksimiliert und „selber“ signiert: ohne den T-Strich wird die Signatur zu „ichler“ von Pichler.
 
Auch in der übernommenen Publikation von Max Stirner „Der Einzige und sein Eigentum“ wird ein bereits bestehendes Werk aufgegriffen. Paginierung, Text-Setzung und Cover bleiben der ursprünglichen Reclam-Ausgabe treu, aber der Text verschwindet fast gänzlich. Übrig bleiben das Personalpronomen „Ich“ und seine grammatischen Ableitungen. Oft nimmt Pichler ein Detail oder Zitat zum Anlass, ein Werk um 180° zu wenden oder auf den Kopf zu stellen; oder die Aussage klarer zu machen: Stirners Werk ist schließlich die Bibel des Egoismus im kapitalistischen Zeitalter.   
 
Ein weiterer historischer Bezugspunkt dieser Ausstellung ist Baudelaire und insbesondere sein Gedicht „La Beauté“ aus den „Fleurs du mal“, die schon Broodthaers im oben genannten Film sowie in einem hier auch präsentierten Künstlerbuch aufgriff.
 
Victoria Dejaco (Pressetext zur Einzelausstellung)

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